Die Welt:

Die Welt scheint oftmals paradox. Zum einen nehmen uns alle möglichen technischen Neuerungen viele zeitraubende Tätigkeiten ab. Menschen in der westlichen Welt haben immer mehr Freizeit. Auf der anderen Seite klagen viele Menschen darüber, nie genug Zeit und viel zu viel Stress zu haben.

Heutzutage kommt man mit dem Auto rascher voran als zu Fuß, mit dem Flugzeug schneller als mit dem Auto. Wir haben Computer, Rasenmäher- und Staubsauger-Roboter. E-Mails erreichen ihren Empfänger innerhalb von Sekunden. Wie viele E-Mails erhalten oder schreiben Sie jeden Tag? 30, 40, 60 oder noch mehr? Jede Technologie, jede Information ist mit dem Versprechen verbunden Zeit zu gewinnen und den Horizont zu erweitern.

Und in den sozialen Netzwerken prasselt eine Information nach der andern auf Sie ein: „Wie du in 30 Tagen deinen Umsatz verdoppelst. Neues aus dem Arbeitsrecht. Woran ist xx gescheitert? Welche Berufe haben wirklich Erfolgsaussichten. Was du hier und da bedenken sollst.“ Wir ertrinken in der Informationsflut. Anspruchsvolle Information kann kaum noch verdaut werden.

Fazit: Es stellt sich kein Reichtum an Zeit ein, sondern die Zeit wird immer knapper.

Woran liegt das genau?

Mit vielen technischen Neuerungen vergrößern sich unsere Optionen, unsere Wahlmöglichkeiten. Habe ich ein Auto kann ich am Abend in die Stadt fahren und ins Kino gehen oder Freunde besuchen. Genauso verhält es sich mit einem Smartphone. Habe ich es in der Tasche, kann ich jederzeit online gehen. E-Mails lesen und schreiben, Facebook, Twitter & Instagram. Nachrichten schauen oder schnell noch die Bücher für die Kinder online bestellen. Überall und jederzeit! Und sehen wir uns nicht auch danach? Nach immer mehr Optionen?

Gieren wir nicht regelrecht nach immer mehr Möglichkeiten, mehr Bildung, mehr Karriereoptionen, mehr Erlebnis – und dementsprechend brauchen wir auch mehr und mehr Zeit. Wir können gar nicht anders.

Wir sind maximal frei und maximal unter Zugzwang

In unserer Gesellschaft haben wir das Gefühl frei wählen zu können. Keiner sagt uns, wie wir leben müssen, welchen Beruf wir ergreifen oder was wir glauben sollen. Und doch sagen wir den ganzen Tag: „Ich muss..“.

So oft müssen wir – sitzen in erbarmungslosen Hamsterrädern. Wir sind also maximal frei und gleichzeitig maximal unter Zugzwang. Zusätzlich wollen wir uns so viele Optionen wir möglich offenhalten und uns nicht festlegen – da könnte doch noch was viel Besseres kommen!

Die Angst nicht „Zurückzufallen“

Unsere Berufswelt erfordert heute von jeder Führungskraft und von jedem Mitarbeiter einen hohen Grad an Flexibilität. Je dynamischer die Arbeitswelt wird, Organisationen sich oft jährlich ändern, umso verhängnisvoller wird es sich festzulegen. Man kann heute schwerlich sagen ich bin Zimmermann und bleibe mein Leben lang Zimmermann. Solche Strategien sind nicht mehr zeitgemäß. Stehen bleiben ist gleichbedeutend mit – ZURÜCKRUTSCHEN. Wir befinden uns quasi auf der Rolltreppe abwärts. Dieses System lässt und in die permanente Atemlosigkeit und Verunsicherung rutschen – vergleichbar mit rutschenden Abhängen, die es immer wieder zur erklettern gilt.

Vor einigen Tagen bin auf ein Interview der Zeitschrift Geokompakt (Nr. 40) mit dem Soziologen Professor Hartmut Rosa gestoßen, der dieses Thema wie folgt beschreibt:

 

GEOkompakt: Ist also Angst unser Motivator?

Prof. Hartmut Rosa: Im Kern ja. Viele meinen, die Gier treibe uns an, das ist aber falsch. Es ist die Angst. Wir sind gar nicht getrieben von dem Verlangen, immer höher, immer schneller, immer weiter zu kommen, sondern von der Angst, nicht mehr mitzukommen, abzurutschen, zurückzufallen. In der Beschleunigungslogik spiegelt sich auch die Angst vor dem Tod. Jeder weiß, dass er irgendwann sterben muss, dass seine Zeit begrenzt ist. Ohne Gott und Glauben bezieht sich all unser Handeln und Sein einzig auf das Diesseits.

Wenn es uns nun gelänge, immer schneller zu werden, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu erleben, zu reisen, zu konsumieren, zu produzieren, dann könnten wir das Leben dehnen, dem Tod förmlich entrinnen. Dann könnten wir die ganze Welt vor dem Tod ausschöpfen, gleichsam ein ewiges Leben vor dem Tod haben. Wir alle sagen doch: Klar muss ich irgendwann sterben, aber bevor es so weit ist, will ich noch ganz viele Dinge tun. „

Das ganze Interview lesen Sie in GEOkompakt Nr. 40 „Wege aus dem Stress“.

Was Sie tun können? Seien Sie ihr bester Freund.

Wenn ein guter Freund, eine gute Freundin von Stress-, Angst- oder gar Gesundheitsproblemen betroffen ist, dann kümmern wir uns um ihn und raten ihm auf sich aufzupassen oder vielleicht gleich morgen zum Arzt zu gehen. Sind wir selbst betroffen, blenden wir das alles aus und beißen die Zähne zusammen.

Viel wäre schon gewonnen, wenn wir uns ein guter Freund wären. Einen Freund treibt man nicht ständig an: „Jetzt mal schneller!“, wenn es ihm nicht gut geht. Nein, stattdessen würde man ihm zuhören und sagen: „Hey, du gefällst mir gar nicht, du siehst erschöpft aus!“. Wir würden ihm auch was Gutes zu essen kochen, einen guten Wein anbieten oder auch mal ein Lager für die Nacht geben, wenn er nicht allein sein mag.

 

So viel Freundschaft sollten Sie auch für sich selbst aufbringen. Sie haben letztlich nur sich selbst. Ihre Arbeitskraft und Ihr Kapital sind Sie selbst.

Schreiben Sie sich selbst einen Liebesbrief!

Holen Sie sich ein Blatt Papier und nehmen Sie Ihren schönsten Lieblingsstift zur Hand und schreiben Sie sich selbst einen Brief:

Schreiben Sie auf..

  1. .. was gut und positiv ist.
  2. .. was grad nicht gut läuft.
  3. .. was sie verändern möchten.
  4. .. was Sie sich wünschen und welche Vision Sie von Ihren Leben haben.
  5. Unterschreiben Sie den Brief mit Ihrem Namen.

Nun stecken Sie den Brief in einen Umschlag und flups…  Briefmarke drauf. Der Adressat des Briefes sind Sie selbst. Nun stecken Sie den Brief in einen Briefkasten und in ein paar Tagen wird er bei Ihnen wieder einflattern.

 

Der Brief von Ihrem besten Freund – Sie Selbst!